Transporter statt PKW: So genanntes »Tariff Engineering« kostet 365 Millionen USD
6. März 2025

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6. März 2025
traide
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Das Wichtigste vorweg: Zollkontrollen werden strenger – besonders seit den Strafzöllen unter Trump
Das U.S. Customs and Border Protection (CBP) überprüft die Zolltarifnummern von Importen seit der Einführung neuer Strafzölle unter der Trump Administration 2.0 noch genauer. Unternehmen müssen sich bewusst sein, dass die Zollbehörden insbesondere bei Produkten mit hoher Zollbelastung sehr genau hinsehen.
Wichtig zu beachten:
Zolltarifeinreihung erfolgt ausschließlich nach den objektiven Merkmalen des Produkts zum Zeitpunkt der Einfuhr. Basis sind die Allgemeinen Vorschriften des HS.
Eine absichtliche oder fahrlässige Falscheinstufung kann hohe Nachzahlungen und Strafen nach sich ziehen.
Das CBP greift bei Verstößen konsequent durch – Ford ist nur ein Beispiel dafür.
Der Ford-Zollstreit: Bewusst falsche Zolltarifeinreihung kostet 365 Millionen USD
Ford Motor Company hat sich im März 2024 mit den US-Behörden auf eine Vergleichszahlung von 365 Millionen US-Dollar geeinigt. Der Grund: Die fehlerhafte Zolltarifierung von Fahrzeugen des Typs "Transit Connect", die zwischen 2009 und 2013 aus der Türkei in die USA importiert wurden.
Was ist passiert?
Ford importierte über 160.000 Fahrzeuge des Typs "Transit Connect" und reihte sie als Personenkraftwagen (HS 8703, 2,5 % Zollsatz) ein, obwohl sie laut den US-Zollbehörden als Transportfahrzeuge (HS 8704, 25 % Zollsatz) hätten eingestuft werden müssen.
Der Vorwurf
Ford stattete die Fahrzeuge mit temporären Rücksitzen aus, um sie als Personenkraftwagen zu deklarieren.
Direkt nach der Einfuhr wurden diese Sitze entfernt, was darauf hindeutet, dass die Fahrzeuge von Beginn an für den Gütertransport bestimmt waren.
Weitere Merkmale wie eine abgetrennte Ladefläche, fehlende Komfortausstattung und eine reduzierte Sicherheitsausrüstung sprachen eher für die Einstufung als Transporter.
Zusätzlich gab es Unregelmäßigkeiten bei der Zollwertermittlung, darunter fehlerhafte Berechnungen und unzulässige Abzüge.
Die US-Behörden sahen darin einen Verstoß unter falschen Angaben zur Umgehung von Zöllen.
Unterscheidung zwischen Position 8703 (Personenkraftwagen) und Position 8704 (Transportfahrzeuge)
Die Zolltarifnummer eines Fahrzeugs bestimmt die Höhe des Einfuhrzolls – nicht nur in der USA, sondern auch in der EU.
Besonders die Abgrenzung gemäß den HS-Erläuterungen der beiden Positionen zwischen Personen- und Transportfahrzeugen ist entscheidend.
Fahrzeuge zur Personenbeförderung (Position 8703)
Typische Fahrzeuge:
PKWs (Limousinen, Kombis, SUVs)
Taxis
Sportwagen, Rennwagen
Krankenwagen, Gefangenentransporter, Leichenwagen
Wohnmobile
Merkmale:
✔ Dauerhaft installierte Sitze mit Sicherheitsgurten
✔ Komfortmerkmale: Teppich, Innenbeleuchtung, Lüftung
✔ Keine feste Trennwand zwischen Fahrer- und Laderaum
✔ Seitliche Fenster im Passagierbereich
✔ Flexibel nutzbarer Innenraum für Personen & Gepäck
Nutzfahrzeuge für den Warentransport (Position 8704)
Typische Fahrzeuge:
Lieferwagen & Transporter
Lastkraftwagen & Kipper
Tankwagen, Kühlfahrzeuge
Müllwagen, Betonmischer
Pick-ups mit separatem Laderaum
Merkmale:
✔ Laderaum statt Passagierbereich
✔ Feste Trennwand zwischen Fahrer- und Ladefläche
✔ Seitliche Schiebe- oder Klapptüren ohne Fenster
✔ Keine Sicherheitsgurte oder Sitze im Laderaum
✔ Funktionale Gestaltung ohne Komfortausstattung
Warum ist das relevant?
Ford argumentierte, dass die Fahrzeuge als Personenkraftwagen zugelassen waren. Die US-Behörden sahen es anders: Die tatsächliche Nutzung und Bauweise eines Fahrzeugs zählt mehr als die formale Zulassung.
Die Einstufung als Transportfahrzeug hätte Ford über 1 Milliarde USD an Zöllen gekostet. Stattdessen versuchte das Unternehmen, durch eine veränderte Ausstattung die günstigere Einreihung zu nutzen – mit erheblichen rechtlichen Folgen.
Folgen für Ford und Unternehmen mit Zollverpflichtungen
✔ 365 Mio. USD Vergleichszahlung, davon ~183,5 Mio. als Zollnachzahlung
✔ Verpflichtung zur Einholung verbindlicher Zollauskünfte für zukünftige Modelle
✔ Rücknahme der Ford-Klage gegen die US-Regierung zur Anfechtung der Zolltarifeinreihung
Dieser Fall zeigt, wie entscheidend eine korrekte Zolltarifierung ist. Unternehmen, die auf eine niedrigere Abgabenerhebung mittels Neubeurteilung im Zolltarif spekulieren, riskieren nicht nur Nachzahlungen, sondern auch Strafen in Millionenhöhe.