Zolltarif einfach erklärt: «Maschinenbau»-Kapitel 84 und 85
24. Oktober 2024

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24. Oktober 2024
traide
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Die Maschinenbaubranche sieht sich mit einer Herausforderung konfrontiert. Oder noch besser gesagt, die Zollverantwortlichen bei den jeweiligen Unternehmen könnten hier möglicherweise noch etwas optimieren. Die Abteilungen dieser Unternehmen können noch so gut miteinander zusammenarbeiten und sich gegenseitig mit wichtigen Informationen für den Arbeitsalltag versorgen, doch der Zolltarif stellt sie vor Herausforderungen. Einfach deshalb, weil wenig Hintergrundwissen dazu besteht und auch das Weiterbildungsangebot könnte ausgebaut werden, um sich intensiver mit dem Zolltarif zu befassen. Das ist unter anderem ebenfalls mit ein Grund, weshalb ERP-Stammdaten im Bereich Außenhandel oft nicht korrekt gepflegt sind.
Auch während meiner Ausbildung zum technischen Zollbeamten im Jahr 2006 wäre es wünschenswert gewesen, die beiden für den Maschinenbau wichtigsten Zolltarifkapitel 84 und 85 (Abschnitt XVI) etwas ausführlicher zu behandeln. Der Grund dafür ist, dass es oft an technischem Know-how fehlt. Selbstverständlich bringe ich das auch nicht einfach so mit. Ich habe es mir vor allem während meiner Tätigkeiten in der Privatwirtschaft im Nachhinein erworben. Und auch heute noch ist es ein ständiges Dazulernen.
In diesem Beitrag möchte ich gerne eine Übersicht sowie punktuelle Vertiefungen in den beiden genannten Kapiteln anbieten.
Begriffsklärung «Maschinen»
Der Zolltarif definiert den Begriff »Maschinen« anhand der Funktion, die sie erfüllen. Dies ist in Anmerkung 5 zum Abschnitt XVI erläutert.
Als Beispiel sei hier die Membranpumpe genannt, für die zunächst die passende Funktionsbeschreibung in den Kapiteln 84 und 85 auf Stufe der vierstelligen Zolltarifnummer (in den relevanten Gesetzen oft auch »Position« oder »Nummer« genannt) gesucht werden muss.
Die Suche erfolgt mittels der Suchfunktion des Webbrowsers. Zunächst wird das Kapitel 84 geöffnet und das Wort »Pumpe« eingegeben.

Ich möchte darauf hinweisen, dass der Wortlaut »8413 – Flüssigkeitspumpen, auch mit Flüssigkeitsmesser; Hebewerke für Flüssigkeiten« möglicherweise nicht ausreichend ist. Auch wenn die Membranpumpe dort nicht explizit erwähnt wird, stellt sie dennoch eine »Flüssigkeitspumpe« dar.
Im nächsten Schritt werde ich prüfen, ob es Ausschlüsse aus diesem Kapitel gibt. Dazu rufe ich die Anmerkungen zum Abschnitt XVI auf (siehe Kapitel weiter unten).
Maschinen mit verschiedenen Funktionen: was nun?
Im Rahmen der vorliegenden Membranpumpe stellt sich die Frage, welche Auswirkungen eine Ausstattung mit weiteren Bauteilen, wie Ventilen oder einem Elektromotor, auf die zutreffende Position in den Kapiteln 84 und 85 hat. Diesbezüglich sei auf die Positionen 8481 (Ventile) und 8501 (Elektromotor) verwiesen. Welche Position ist in diesem Fall zu wählen?

Die Anmerkung 3 zum Abschnitt XVI gibt Aufschluss darüber. Bei Maschinen, die aus verschiedenen Bauteilen bestehen und als Block eingestuft werden, ist die Hauptfunktion des gesamten Maschinenblocks zu bestimmen. Für diese Maschinen gibt es eigene Positionen im Zolltarif. Bei Betrachtung der Membranpumpe ist ersichtlich, dass die Hauptfunktion dieser eindeutig unter die Kategorie »Pumpen für Flüssigkeiten (…)« gemäß Position 8413 fällt. Die übrigen Bauteile sind lediglich Bestandteile der Pumpe.
Sofern die Ventile und/oder der Elektromotor als Ersatzteile gehandelt werden und lose zu einem späteren Zeitpunkt als die Maschine selbst versandt werden, werden sie selbstverständlich auch unter ihren vorgesehenen Positionen eingereiht.
Herzstück der Kapitel 84 sowie 85 sind die (Ausschluss-)anmerkungen zum Abschnitt XVI
Vor einer näheren Betrachtung der (vierstelligen) Positionen der Kapitel 84 und 85 stellt sich die Frage, ob die Maschine bzw. das Ersatzteil überhaupt hierhin gehört.
Die allererste Anmerkung des Abschnitts XVI sowie die ersten Anmerkungen zu den beiden Kapiteln 84 und 85 widmen sich Ersatzteilen, die nicht in diese Kapitel eingereiht werden. Für die Maschinenbaubranche sind insbesondere folgende Ausschlüsse von Relevanz:
Förderbänder und Triebriemen aus Kunststoff (3926), aus Kautschuk (4010) oder aus Textilien (5910)
Dichtungen aus Kautschuk (4016)
ausschließlich erkennbare Maschinenteile aus EPDM, NBR, SBR (4016)
Rohrverbindungsstücke aus vorwiegend Stahl (7307) oder Kunststoffe (3917)
Einfache Rohre aus Kunststoffen (3917) oder Stahl (7303–7306), die nicht als Baugruppe aufgemacht sind
Stahlketten (7315)
Schrauben, Muttern, Splinte, Keile, Unterlegscheiben aus Stahl (7318) oder Kunststoffen (3926)
(Spiral-)federn aus Stahl (7320)
auswechselbare Werkzeuge für Maschinen (8207)
nicht elektrische Handwerkzeuge mit arbeitendem Teil aus Stahl, etwa Handfettpressen (Kapitel 82)
Stahlschläuche (8307)
Messgeräte wie Durchflussmesser oder Manometer gehören allgemein ins Kapitel 90
Maschinenteile aus Keramik (6909)
Bürsten als Maschinenteile (9603)
Klassifizierung der übrigen Maschinenteile
Bei Betrachtung der Ausschlussanmerkungen gemäß obigem Kapitel bleibt die Frage nach der Einordnung weiterer Teile als Maschinenteile oder Ersatzteile offen. Die Anmerkung 2 zum Abschnitt XVI beschreibt diese zwar in einer detaillierten Weise, die jedoch nur schwer nachvollziehbar ist. Im Folgenden wird daher eine vereinfachte Erklärung gegeben:
Einreihung in eigene vierstellige Position im Kapitel 84, 85 oder 90: Von einem Lieferanten bezogene Bauteile mit «eigener» Funktionsweise
Bei einer Erwähnung eines Maschinenteils in einer vierstelligen Position aus den Kapiteln 84 oder 85 erfolgt die Einordnung an der entsprechenden Stelle und nicht in einer Unterposition, die »Teile« erwähnt. Ventile einer Kaffeemaschine gehören etwa nicht in die Unterposition 8516 90 xx, sondern in die Position 8481.
Es wird empfohlen, alle vierstelligen Positionen einmal durchzugehen und für sich herauszustreichen, was relevant ist. In vielen Fällen kann davon ausgegangen werden, dass Elektroteile oder Bauteile mit »eigener Intelligenz« von einem spezialisierten Lieferanten unter einer vierstelligen Position in den Kapiteln 84, 85 oder 90 zu finden sind.

Einreihung in die entsprechenden (Unter-)positionen mit Wortlaut »Teile«: nach CAD-Zeichnung hergestellte Bauteile
Welche Möglichkeiten ergeben sich dann noch? In den meisten Fällen handelt es sich um Stanz- oder Spritzgussteile, die nach CAD-Zeichnung von geeigneten Zulieferern bezogen werden. Diese passen ausschließlich in die jeweilige Maschine, für die sie vorgesehen sind. Diese Teile müssen entsprechend in die entsprechenden Unterpositionen mit dem Wortlaut »Teile (von…)« eingereiht werden. Beispielsweise wird ein spritzgegossenes Gehäuseteil einer Haushaltskaffeemaschine in die Unterposition 8516 90 00 und das Fertiggerät selbst in die Zolltarifnummer 8516 71 00 eingereiht.
Einreihung in das entsprechende Materialkapitel: Allgemeine, regelmäßig geometrische Stanz- und Spritzgussteile
Bei Stanz- und Spritzgussteilen mit regelmäßigen Formen wie Rechtecken, Profilen oder Rondellen gilt, wenngleich sie nach Zeichnung hergestellt wurden, dass diese nicht als »ausschließlich für eine bestimmte Maschine erkennbar« gelten. Diese Bauteile werden daher in das entsprechende Materialkapitel eingereiht.
Kapitel 39: Kunststoffe
Kapitel 40: Kautschuk
Kapitel 73: Stahl
und andere
Grundsätzlich gilt, dass ein gut informierter Laie ohne große Recherche erkennen können sollte, ob ein Maschinenteil als ausschließlich erkennbar gilt oder nicht.
Welche technischen Daten von Maschinen werden für die Klassifizierung benötigt?
Nachdem zunächst eine Position im Kapitel 84 und 85 ermittelt wurde, sind noch die restlichen Ziffern, die sogenannten Unterpositionen, zu bestimmen. Dabei ist es von Vorteil, die technischen Eigenschaften der Maschine genau zu kennen. Dies kann hauptsächlich bei Maschinen von Lieferanten eine Herausforderung sein, wenn dazu Datenblätter im ERP-System fehlen. Ich kann diesbezüglich aus eigener Erfahrung berichten.
Neben der Funktionsweise der Maschine, die ich bei jeder Position kennen muss, werden bei folgenden Positionen diese Parameter benötigt:
Dampfturbinen (8406): Leistung in MW
Verbrennungsmotoren (8407): Hubraum in cm³
Wasserturbinen (8410): Leistung in kW
Turbostrahltriebwerke (8411): Schubkraft in kN, Leistung in kW
Elektromotoren (8501): Leistung in W und kVA
Stromerzeugungsaggregate (8502): Leistung in kVA
Elektrische Transformatoren (8504): Leistung in kVA
Nicht-heizende elektrische Widerstände (8533): Leistung in W
Geräte zum Unterbrechen, Trennen, Schützen, Abzweigen, Verbinden oder Anschließen elektrischer Stromkreise (8535, 8536): Spannung in V
Elektrische Glühlampen und Entladungslampen, LED-Lampen (8539): Leistung in W, Spannung in V
Elektrokabel (8544): Spannung in V
Wie reiht traideGo eine Druckluft-Membranpumpe ein?
### 1. Produktverständnis: Bei dem zu klassifizierenden Produkt handelt es sich um eine Druckluft-Membranpumpe, die für industrielle Anwendungen zur Förderung von Flüssigkeiten konzipiert ist. Sie besteht aus Polypropylen, Aluminium und einer Santopren-Membrane. Die Pumpe hat spezifische technische Eigenschaften wie einen maximalen Durchfluss von 40 l/min, einen maximalen Druck von 7 bar und kann Flüssigkeiten mit einer Viskosität von bis zu 15.000 mPas fördern.
### 2. Analyse der Tarifklassifizierung: Basierend auf den Produkteigenschaften und den bereitgestellten Zolltarif-Dokumenten, lässt sich die Pumpe als eine kraftbetriebene Flüssigkeitspumpe einordnen. Sie fällt unter Kapitel 84, das Maschinen und mechanische Geräte umfasst.
Die relevante Tarifposition für diese Art von Pumpe ist: - 8413: Flüssigkeitspumpen, auch mit Flüssigkeitsmesser; Hebewerke für Flüssigkeiten
Innerhalb dieser Position kommt folgende Unterposition in Betracht:
- 841350: Verdrängerpumpen, oszillierend, kraftbetrieben
Die Membranpumpe ist eine oszillierende Verdrängerpumpe, was sie in die Unterposition 841350 einordnet.
### 3. Tarifnummer: Basierend auf der Analyse und den verfügbaren Informationen ist die korrekte Tarifnummer für die beschriebene Druckluft-Membranpumpe: [8413 50 80]
### 4. Begründung: Die Einreihung erfolgt gemäß den Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 zur Auslegung der Kombinierten Nomenklatur.
Die Pumpe fällt unter Kapitel 84 als mechanisches Gerät.
Position 8413 umfasst Flüssigkeitspumpen.
Unterposition 841350 bezieht sich auf oszillierende Verdrängerpumpen, zu denen Membranpumpen gehören.
Die weitere Unterteilung [8413 50 80] umfasst »Verdrängerpumpen, oszillierend, kraftbetrieben (ausg. Pumpen der Unterpos. 841311 oder 841319, Kraftstoff-, Öl- oder Kühlmittelpumpen für Kolbenverbrennungsmotoren, Betonpumpen, Hydroaggregate, Dosierpumpen sowie allgemein Kolbenpumpen)«.
Diese Einreihung wird durch die VZTA-Entscheidung [DEBTI1043/24-1] (Referenz: [DEBTI1043/24-1]) unterstützt, die eine ähnliche Pumpe unter [8413 50 80] klassifiziert, obwohl es sich in diesem Fall um eine elektrisch betriebene Pumpe handelt.
Die Pumpe fällt nicht unter die spezifischeren Unterpositionen wie [8413 50 40] für Dosierpumpen, da sie für allgemeine industrielle Anwendungen und nicht speziell zum Dosieren konzipiert ist.
### 5. Anfrage nach zusätzlichen Informationen: Für diese Tarifierung waren keine zusätzlichen Informationen erforderlich.
### 6. Zusammenfassung: Die beschriebene Druckluft-Membranpumpe wird unter der Tarifnummer [8413 50 80] als oszillierende Verdrängerpumpe, kraftbetrieben, eingereiht.