CBAM-Verordnung und das Kapitel 73 – Ein genauerer Blick auf die betroffenen Waren
10. Dezember 2024

Veröffentlicht
10. Dezember 2024
traide
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In der LinkedIn-Timeline lese ich zurzeit vieles zu CBAM, doch nicht viele äußern sich konkret zum Anhang I der Verordnung, in dem die von CBAM betroffenen Waren aufgeführt sind. Werfen wir doch einen näheren Blick insbesondere auf die Waren des Kapitels 73 - denn nicht alle Stahlwaren sind betroffen.
Welche Stahlwaren des Kapitels 73 sind betroffen – und welche nicht?
Die Anforderungen der CBAM-Verordnung (Carbon Border Adjustment Mechanism) zwingen Unternehmen, sich intensiv mit der zolltariflichen Einreihung ihrer Waren auseinanderzusetzen. Folgende Positionen des Kapitels 73 sind betroffen:
HS-Position | Abgekürzte Beschreibung der Positionen |
---|---|
7301 | Spundwände, geschweißte Profile aus Eisen oder Stahl |
7302 | Oberbaumaterial für Bahnen (z. B. Schienen, Weichenteile) |
7303 | Rohre und Hohlprofile aus Gusseisen |
7304 | Nahtlose Rohre und Hohlprofile aus Eisen oder Stahl |
7305 | Geschweißte oder genietete Rohre (Ø > 406,4 mm) |
7306 | Andere Rohre und Hohlprofile (geschweißt, genietete usw.) |
7307 | Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke, Rohrverbindungsstücke |
7308 | Konstruktionen und Teile (z. B. Brücken, Türme, Dächer) |
7309 | Sammelbehälter (Fassungsvermögen > 300 l) |
7310 | Sammelbehälter (Fassungsvermögen ≤ 300 l) |
7311 | Behälter für verdichtete oder verflüssigte Gase |
7318 | Schrauben, Muttern, Niete und ähnliche Waren |
7326 | Andere Waren aus Eisen oder Stahl |
Insbesondere Schrauben, Bolzen, Muttern, Schwellenschrauben, Schraubhaken, Niete, Splinte, Keile sowie Unterlegscheiben (Position 7318) und Federn (Position 7320) stehen häufig im Fokus.
Die präzise Unterscheidung dieser Positionen ist essenziell, da nur Waren der Position 7318 CBAM-relevant sind. Dennoch treten in der Praxis immer wieder Verwechslungen auf.
In diesem Artikel beleuchten wir typische Herausforderungen und geben praktische Beispiele für eine klare Abgrenzung.
Kapitel 73: Was ist der Unterschied zwischen Position 7318 und 7320?
Position 7318: Schrauben, Bolzen, Muttern, Unterlegscheiben und ähnliche Waren aus Eisen oder Stahl. Diese Produkte dienen primär als Verbindungselemente, die mechanisch befestigt oder verschraubt werden.
Beispiele: Maschinenschrauben, Holzschrauben, Sechskantschrauben, Senkschrauben.
Position 7320: Federn und Blattfedern, ebenfalls aus Eisen oder Stahl. Diese Produkte werden primär für elastische Anwendungen wie Dämpfung oder Energierückstellung genutzt.
Beispiele: Druckfedern, Zugfedern, Blattfedern für Fahrzeuge.
Wesentliche Unterscheidung: die Hauptfunktion der Ware. Schrauben verbinden und fixieren, während Federn Bewegungsenergie aufnehmen oder abgeben.
Eine Mausefalle in Position 7320?
Dies mag banal erscheinen, doch an dieser Stelle ist wichtig zu erwähnen, dass auch aus verschiedenen Materialien und Bestandteilen zusammengesetzte Waren gemäß Allgemeiner Vorschrift 3b des Harmonisierten Systems aufgrund des wesentlichen Charakters in die eine oder andere Position eingereiht werden können.
Ein aufsehenerregendes Beispiel stellt eine Mausfalle dar, die von den dänischen Zollbehörden verbindlich (siehe VZTA DKBTI0245479) in die Position 7320 als “Federware” eingereiht wurde. Diese Mausfalle besteht aus einem Rohr, einer Backe, einem Kragen und Stützfüßen (aus Kunststoff) sowie Federn und Sicherheitsstift aus Stahl.
Die Einreihung in die Position 7320 erfolgte aufgrund der Stahlfeder, die für die entscheidende Funktion der Mausfalle sorgt.
Die Erläuterung ErlKN Pos. 7320 (HS) RZ 02.0 erläutert, was Federn genau sind:
Federn werden aus Blechen, Draht oder Stäben mit elastischen Eigenschaften so hergestellt, dass sie auch nach manchmal beträchtlicher Belastung wieder in ihre ursprüngliche Lage zurückkehren, ohne dass ihre Widerstandsfähigkeit darunter leidet.
Unklare Namenskonventionen in Bezug auf Warenbezeichnungen in den ERP-Systemen
In meiner Tätigkeit als Zollrechtsberater ist mir wiederholt aufgefallen, dass viele Unternehmen keine klaren Namenskonventionen für ihre Warenbezeichnungen verwenden. Dies sorgt nicht nur bei Zollbehörden für Stirnrunzeln – auch innerhalb eines Unternehmens kennen die verschiedenen Abteilungen wie Logistik ihre Produkte oft nicht so detailliert wie die Entwickler:innen.
Es lohnt sich, darüber nachzudenken, wie Produktbezeichnungen verbessert werden können.
Häufige Synonyme und irreführende Bezeichnungen
Hier einige Begriffe, die regelmäßig für Verwechslungen sorgen:
Position 7318 – Schrauben & Verbindungselemente:
„Maschinenschrauben“
„Bolzen mit Spezialkopf“
„Verbindungselemente aus Stahl“
Position 7320 – Federn:
„Schraubfedern“
„Elastische Druckbolzen“
„Zugfedern“
Viele dieser Begriffe sind unspezifisch und erfordern technische Spezifikationen zur korrekten Einreihung.
Praxisbeispiele für die Einreihung
Federbelastete Schrauben:
Schrauben, die mit einer Feder kombiniert sind, führen oft zu Verwirrung. Der Hauptzweck entscheidet:
→ Wird die Schraube als Verbindungselement genutzt, gehört sie zu Position 7318.
→ Liegt die Funktion in der Federung oder Rückstellung, gehört sie zu Position 7320.
Schraubenfedern:
Diese werden häufig in industriellen Maschinen eingesetzt, etwa in Pressen. Trotz der „Schrauben“-Form zählen sie zu Position 7320, da ihre Hauptfunktion in der Federwirkung liegt.
Federschrauben für Schienenverbindungen:
Diese Produkte, die in der Bahnindustrie zur Gleisbefestigung eingesetzt werden, gehören in der Regel zu Position 7318, da die Befestigungsfunktion überwiegt.
Typische Fehlerquellen in der Praxis
Falsche Zuordnung bei Kombiprodukten:
Beispielsweise werden „Spannschrauben mit Federn“ oft pauschal als Schrauben (7318) klassifiziert, obwohl die Federung die Hauptfunktion ist.
Unvollständige Produktbeschreibungen:
Häufig fehlen in den Beschreibungen von Lieferanten oder internen Datenbanken wesentliche Details wie Material, Maße oder Funktion. Dies erschwert die Einreihung.
Fehlende Kenntnisse im Einkauf:
Ohne fundierte Schulungen können Einkäufer nicht beurteilen, welche Waren CBAM-relevant sind und welche nicht.
Wie Unternehmen Fehler vermeiden können
Technische Dokumentation bereitstellen:
Sicherstellen, dass Produktdatenblätter technische Details wie Hauptfunktion, Maße und Materialien enthalten und vorliegen.
Zusammenarbeit mit Zollexperten intensivieren:
Regelmäßige Schulungen und Abgleich mit den Vorgaben minimieren Fehlinterpretationen.
Klare Kommunikation mit Lieferanten:
Lieferanten sollten bei der Bereitstellung von Warenbeschreibungen auf CBAM-relevante Angaben hingewiesen werden.
Bonus: Thomas' Erfahrungen und daraus resultierende Tipps im Rahmen eines ersten CBAM-Berichts (Q4, 2023)
Bei einer ersten Informationsbeschaffung zu Beginn des Jahres 2024 wurde schnell deutlich, dass einige Unternehmen ihre Stammdaten nicht ausreichend pflegen. So tauchten unter anderem Stahlfedern auf einzelnen, aggregierten Lieferantenlisten neben Schrauben auf, diese Federn sind jedoch unter der Position 7320 klassifiziert und nicht in Anhang I gelistet und fallen somit nicht unter die CBAM-Verordnung.
Da die CBAM-Verordnung auf CO₂-intensive Waren aus Drittländern abzielt, sind auch korrekte Angaben zum Ursprungsland entscheidend. Auch hier hat sich gezeigt, dass diese Informationen nach dem Wareneingang in ERP-Systemen oft nicht korrekt oder nicht zeitnah gepflegt werden. Typischerweise sind diese Außenhandelsinformationen auch nicht auf einzelnen Handelsdokumenten ersichtlich.
Ein guter Spediteur zahlt sich aus: Wenn Unternehmen Warensendungen bündeln und immer von derselben Spedition abfertigen lassen, kann diese die Verzollungsdaten für das gewünschte Quartal innerhalb eines angemessenen Zeitraums bereitstellen. Insbesondere entsprechen die Gewichtsangaben der Zollabfertigungen genau den Daten, die auch die Zollbehörden der EU-Mitgliedstaaten in ihren Zollabfertigungssystemen erhalten. Die in den ERP-Systemen gepflegten Gewichtsangaben, die möglicherweise hochgerechnet werden, müssen nicht mit denen der Spediteure übereinstimmen.
Das Kleingedruckte kann entscheidend sein und ist hier positiv gemeint: Artikel 2, Absatz 3a) befreit Importeure von der Pflicht, Stahlschrauben mit einem Wert von weniger als 150 EUR pro Sendung (!) zu erfassen. Konkret bedeutet dies, dass Sendungen von Schrauben mit einem Wert von weniger als 150 EUR in den Verzollungsdaten unberücksichtigt bleiben können. Die Verzollungsdaten sollten vom Spediteur auf die einzelnen Positionen aufgeschlüsselt werden. Einzelverzollungen stellen oft auch Einzelsendungen dar. Enthält eine Sendung etwa Stahlschrauben (Position 7318) mit einem Wert von weniger als 150 EUR, müssen Importeure diese nicht in ihre CBAM-Meldungen aufnehmen. Solche Sendungen können bereits bei der Informationsbeschaffung ausgeschlossen werden.
Von CBAM betroffene Unternehmen sollten sich darüber im Klaren sein, dass es nicht ausreicht, eine einzige Person innerhalb des Unternehmens mit der Umsetzung der CBAM-Verordnung zu beauftragen. Es empfiehlt sich, eine Koordinierungsstelle einzurichten, die die erforderlichen Parameter sammelt und den CBAM-Bericht erstellt und einreicht. Es lohnt sich, frühzeitig Kontakt zu Lieferanten aufzunehmen, die CBAM-relevante Produkte verkaufen.
Ein erster Abgleich schaffte Klarheit: Kunden und ihre Lieferanten sollten zunächst klären, welche Artikel sie in einem bestimmten Quartal zu welchem Wert und Gewicht, mit welchen Zolltarifnummern und aus welchen Ursprungsländern ein- und verkauft haben. Nun stellt sich die Frage nach den CO₂-Emissionen, aufgeschlüsselt nach einzelnen Artikeln.
Für die Zukunft ist es wichtig, dass die Verträge zwischen Kunden und Lieferanten entsprechend angepasst werden. Die Personen, die für die Beschaffung von Informationen und die Erstellung des CBAM-Berichts im Unternehmen und bei den Lieferanten verantwortlich sind, müssen benannt und bekannt sein.
Fazit: Genaues Hinschauen schützt vor Kostenfallen
Die Abgrenzung zwischen Positionen 7318 und 7320 ist mehr als eine technische Frage – sie beeinflusst die CBAM-Berichterstattung und die Einhaltung der EU-Vorschriften. Wer frühzeitig interne Prozesse und Datensysteme anpasst, spart Kosten, verhindert Overcompliance und minimiert Risiken.
Wie reiht traideGo eine Schraubenfeder ein?
1. Produktverständnis:
Produkt: Schraubenfeder nach DIN 2098
Material: Stahl
Verwendungszweck: Mechanische Anwendungen, bei denen eine Federung oder Rückstellkraft erforderlich ist
Weitere Eigenschaften: Oberfläche blank, Außendurchmesser 4 mm bis 17 mm, Drahtdurchmesser 0,63 mm bis 4 mm, Länge 9,6 mm bis 170 mm, Anzahl Windungen 1,5 bis 7,5, Druckfeder
2. Analyse der Tarifklassifizierung:
Produktmerkmale: Die Schraubenfeder ist aus Stahl gefertigt und dient als Druckfeder. Sie hat spezifische Maße und eine blanke Oberfläche.
Relevante Positionen und Unterpositionen der Nomenklatur:
Relevante Anmerkungen und Erläuterungen:
3. Tarifnummer/n:
[73202081]: Druckfedern aus Eisen oder Stahl (ausg. Kegelstumpffedern, Uhrfedern, Federn für Stöcke und Griffe von Regen- oder Sonnenschirmen sowie Stoßdämpfer des Abschnitts 17)
4. Begründung:
Rechtliche Begründung: Die Einreihung erfolgt gemäß AV 1 und AV 6 sowie den Anmerkungen zu Abschnitt XV und Kapitel 73. Die spezifischen Eigenschaften der Schraubenfeder (Material: Stahl, Funktion: Druckfeder) und die Abmessungen entsprechen den Kriterien für die Unterposition [73202081].
Ausschluss alternativer Positionen: Andere Unterpositionen wie [73202085] (Zugfedern) oder [73209090] (andere Federn) sind ausgeschlossen, da es sich spezifisch um eine Druckfeder handelt.
5. Anfrage nach zusätzlichen Informationen:
Nicht erforderlich: Die bereitgestellten Informationen sind ausreichend für eine eindeutige Klassifizierung.
6. Zusammenfassung:
Die Schraubenfeder nach DIN 2098 aus Stahl, die als Druckfeder verwendet wird, ist unter der Tarifnummer [73202081] der Kombinierten Nomenklatur einzureihen.